Die Giganten des Waldes

30.12.2014

Morgens lachte die Sonne und wir genossen das Müsli-Frühstück vor unserem Camper. Um halb zehn trafen wir uns mit Isabell, meiner Aupairnachfolgerin bei Familie Würdig. Mit dabei waren auch noch zwei andere Aupairs. Die drei waren für ein paar Tage in der Gegend um Paihia unterwegs gewesen. 


Wir wollten im Native Bird Recovery Centre in Whangarei einen Kiwi ganz nah erleben und streicheln.

Ich hatte am Vortag mit Robert dem Besitzer telefoniert und er meinte, dass wir um halb zehn vorbei kommen könnten.

Da standen wir also nun alle, aber Robert war nicht da. Die Sonne war mittlerweile auch verschwunden und dicke Wolken schoben sich am Himmel hin und her.

Eine Helferin in der Vogelauffangstation versuchte ihn telefonisch zu erreichen. Kein Erfolg. Sie war sich nicht sicher, ob er nicht zu seiner Frau ins Krankenhaus gefahren sei. Die war dort wohl schon ein paar Tage.


Na toll...meine Laune bekam einen Knacks. Jetzt fing es auch noch an zu regnen. Das Kiwistreicheln viel also ins Wasser. 

Planänderung. Was nun?

Der eigentliche Plan war, nach dem Besuch in der Vogelauffangstation, zur Whale Bay weiter zu fahren. Eine traumhaft schöne Bucht.


Bei dem Wetter machte das aber vorerst keinen Sinn. So entschieden wir auf die andere Seite des Northlands, an die Westküste zu den Kauriwäldern und Kauribäumen zu fahren.


Unterwegs besserte sich das Wetter etwas und die Sonne schien. 

Zuerst hielten wir im "Trounson Kauri Forest". Das ist ein größeres Waldstück in dem die Kauribäume wachsen. Kauris sind die ältesten Bäume hier in Neuseeland. Bevor die weißen, die Pakhea, das Land besiedelten, war fast die ganze Nordinsel ein einziger Kauriwald.

Heute gibt es nur noch wenige Kauribäume, die auch noch vom "Kauri die back" betroffen sind. Deshalb muss man sich vorm Betreten und beim Herausgehen die Schuhsohlen mit einem Mittel besprühen und über Bürsten abstreichen. Nur so kann man das Hereinschleppen verschiedener Keime verhindern, die die Kauribäume töten.


Es war wieder einmal unglaublich diese riesigen Bäume zu sehen. In dem Wald herrschte eine friedliche Stille. Ab und zu zwitscherte ein Vogel seine neuseeländische Melodie und die Sonne schickte vereinzelt Strahlen durch das Blätterdach. Von den kurzzeitigen Schauern trafen uns nur vereinzelt Tropfen, bis sich die Sonne wieder zeigte.


Unser nächster Stop war "Waipoua Kauri Forest" in dem die größten und bekanntesten Kauris stehen. Halt machten wir zuerst beim "Te Matua Ngahere", dem "Vater der Wälder". Er hat einen Umfang von ca. 16,5 Metern. Gleich unweit stehen die "Four sisters". Ein Baum aus vier einzelnen Bäumen.


Einige hundert Meter weiter nördlich steht "Tane Mahuta", der "Gott der Wälder" und mit seinen 1200 Jahren, der älteste existierende Kauribaum.


Neben diesen Urriesen fühlten wir uns wie winzige Zwerge. Die Giganten des Waldes haben so gigantischen Eindruck bei uns hinterlassen.


Anschließend fuhren wir in die Hokianga Bay. Dort lebt James Taranaki, bei dem ich damals einen Anhänger mit meinem eigenen Maorisymbolen und ganz persönlichen Design aus einem Kuhknochen schnitzte. Vor ein paar Monaten brach bei meinem Anhänger leider etwas schwarze Koralle ab. Vor meinem Abflug schrieb ich James eine email und fragte nach, ob ich vorbei kommen und er ihn reparieren könnte. Er meinte, es wäre kein Problem.

Also rief ich ihn von unterwegs an, als wir nach einer Ewigkeit wieder Empfang hatten und fragte nach, ob er zuhause sei. Er war da. Auf dem Weg zu James stoppten wir noch an einem tollen Aussichtspunkt mit grandiosem Blick auf die Hokianga Bay. Es war traumhaft und die Sonne zeigte sich dann doch noch.

Wir hatten uns also richtig entschieden, die Kauribaum-route zu fahren.


James freute sich sehr mich wieder zu sehen und ich ebenso. Küsschen links, Küsschen rechts, wie gehts, wie stehts? Er sah irgendwie schlechter aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Abgenommen und leicht gelbliche Augen hatte er. 


Er begutachtete meinen Anhänger und meinte "No worries my love, I can fix it". Lea und ich folgten ihm in den Schuppen, in dem alle ihre Anhänger schnitzen. Während er klebte und schliff, erzählte er mir, dass er gerade heute drei Deutsche zu Besuch hatte und sie ihre Anhänger gemacht hatten. Ich zeigte ihm den Tipp in meinem Reiseführer, wo sein "Bone carving" hervor gehoben wurde. Er lachte und meinte, genau das hätten ihm die drei Deutschen auch erst gezeigt. Er erzählte weiter, dass weniger Leute zu ihm kommen, weil es keinen Reisebus mehr bis hoch nach Omapere gibt. So wäre es schwieriger für Interessenten zu ihm zu gelangen.


Weniger Tourismus bedeutet leider weniger Arbeit und weniger Geld. Der Arme. 


Als Lea und ich wieder in unsere alte Möhre kletterten und zum Wenden ansetzten, standen er, seine Frau und seine Mutti an der Tür und winkten uns nach, bis wir nicht mehr zu sehen waren.

Wir wurden sehr herzlich empfangen und sehr lieb verabschiedet und ich saß happy, mit meinem reparierten Anhänger im Camper.

Weiter gings "on the road" nach Paihia.

Paihia liegt in der wunderschönen Bay of Island. Jetzt brauchten wir erstmal einen Campground für die kommende Nacht.

Wir fuhren den ersten an. Der war proppenvoll. Kein einziger Quadratmeter war noch frei.

Aber irgendwie war das klar! Denn so kurz vor Silvester und in den Ferien, haben die meisten Kiwis frei und sind mit Kind und Kegel und kompletter Campingausrüstung zelten.


Auf dem vollen Platz bekamen wir Auskunft über weitere Plätze in Paihia. Bei dem nächsten etwas außerhalb ergatterten wir einen mit der letzten "unpowered sites". Also ohne Strom. Was anderes gab es nicht mehr.

Auf diesem Holidaypark, gab es weder eine richtige Küche, noch einen Gemeinschaftsraum. Es gab für den ganzen Platz nur zwei unisex Duschen und zwei unisex Toiletten. Das bedeutete für alle furchtbar viel Schlange stehen, was jedem auf die Nerven ging.

Aufgrund der Situation mit Dusche, WC und ohne Strom, entschieden wir, uns am nächsten morgen erneut auf die Suche nach einem Quatier für Silvester zu machen.

Wir schälten im dunkeln Möhren fürs Abendbrot, schmierten Brot und nachdrm wir bettfertig waren, machzen wir es uns im Camper gemütlich.


Gute Nacht aus Neuseeland von eurer Weltenbummlerin ;)